Vorwort
Dieses Buch über den Ammersee hat großen Spaß gemacht. Für einen Ostufer-Anlieger des Starnberger Sees stellt die Fahrt nach Dießen schon eine kleine Weltreise in die »unbekannte« GrenzRegion zwischen Oberbayern und Schwaben dar. Es war deshalb reizvoll, auf unzähligen Touren den Nachbarsee zu ergründen und herauszufinden, wer da so lebt.
Bereitwillig haben uns die meisten prominenten Seebewohner die Tür geöffnet. Ihr Werdegang und ihr Beruf beschreiben auch ein wenig das Lebensgefühl am See: Etwa der Herrschinger Fischer, Bootsverleiher und Lebenskünstler Peter Neuner, Naturschützer Christian Niederbichler, der das Vogelschutzgebiet am Südende des Sees betreut, Allround-Genie Hanns Christian Müller aus Breitbrunn oder die individuelle Handschrift des Uttinger Architekten Wolf-Eckart Lüps. Wir nehmen uns auch berühmter Persönlichkeiten an, die es in früheren Jahrhunderten an den Ammersee zog. Th.Th. Heine zum Beispiel, den die Nazis ebenso aus der Idylle vertrieben haben wie Bertolt Brecht. Oder Thomas Mann, der in Utting sehnlichst auf eine Liebesbotschaft wartete. Und der Maler Wilhelm Leibl, der den Ruf des Westufers als Künstlerkolonie begründete. In der Villa Gasteiger in Holzhausen unternehmen wir eine Zeitreise zurück in die Bohème der Münchner Jugendstilmaler. Thema sind auch das aufklärerische Wirken der Familie Kaetzler und der irische Freiheitskämpfer Sir Roger Casement, dessen tragisches Schicksal die Gemüter bis in unsere Zeit aufwühlt.
Gemeinhin wird der »Bauernsee« gern mit seinem großen Bruder, dem Starnberger See oder »Fürstensee« verglichen. Aber das hat er gar nicht nötig. Für sich allein stellt der Ammersee ein einzigartiges landschaftliches Kleinod voll kultureller Vielfalt dar. Es ist spannend, seine Reize auf einer gemütlichen Tour zu entdecken. Der Radler taucht ein in die Beschaulichkeit und Ländlichkeit, die sich dieser See und seine Gestade vor der Kulisse der Zugspitze noch immer bewahrt haben. Das mondäne und bisweilen etwas aufgesetzte Starnberger Leben weicht hier einem legeren Savoir vivre, wie es das Malervölkchen früher bei den ausgelassenen Sommerfesten in der Gasteiger-Villa zelebriert haben dürfte. Wir haben auch nicht alles geschafft und deshalb bei Personen und Geschichten eine Auswahl getroffen.
Der Ammersee ist gut 16 Kilometer lang, fast drei Kilometer breit und zwischen Herrsching und Riederau etwa 82 Meter tief. Die Uferlänge beträgt 43 Kilometer. Während das Westufer nur über wenige öffentliche Zugänge verfügt, ist nahezu das gesamte Ostufer öffentlich. Mit einer Fläche von knapp 47 Quadratkilometern ist er der drittgrößte bayerische See. Durchschnittlich alle 2,7 Jahre erneuert er sein Wasser. Dazu tragen auch die hohen Niederschlagsmengen bei. Hauptzufluss ist die Ammer (keltisch: Wasser), Seeablauf ist die Amper. Nachdem vor 18 000 bis 20 000 Jahren die Gletscher der Würmeiszeit abgeschmolzen waren, soll er seine heutige Form bereits weitgehend erhalten haben. Lediglich der Pilsensee dürfte ein Seitenarm gewesen und irgendwann durch das Geröll des Kienbachs abgetrennt worden sein. Die Verlandungsflächen im Süden wie auch das Ampermoos im Norden sollen nach neuen Erkenntnissen der Eiszeitforscher einzelne Schmelzwasserbecken gewesen sein. So auch der Wörthsee, der um mehr als zwanzig Meter höher liegt. Der Ammersee schrumpft, nicht zuletzt wegen der Schotterfracht der Ammer. Die Schutzgebiete im Süden und Norden bilden ein wichtiges Rückzugsgebiet für Vögel und Pflanzen.
»Eine große Einsamkeit ist bis in die letzten Jahre dem Ammersee verblieben. Sein Gebiet ist eines der herrlichsten im bayerischen Vorland; glänzend spiegelt sich die lange Bergkette in seiner Flut; Hochwald umkränzt die Ufer; aber eine seltsame Fügung hat es gewollt, dass er vergessen blieb von den Tausenden, die allsommerlich hier herausziehen und sich jeden Winkel schöner Erde erobern.« Das schrieb der bayerische Literat Karl Stieler bereits 1881 über den Ammersee. Auto, SBahn und die AmmerseeBahn haben zwar auch dem Bauernund Klostersee mehr Trubel beschert, doch es lassen sich hier immer noch erholsame Stunden verbringen. Einen Tag sollte auf jeden Fall veranschlagen, wer die knapp 54 Kilometer lange Strecke rund um den See wagen und dabei noch etwas sehen will. Dank der guten Verkehrsanbindung lässt sich die Tour aber auch in einzelne Etappen aufteilen. Zusätzlich bieten sich der AmmerseeHöhenweg, die Rasso-Tour und die Drei-Seen-Tour an. Viel Spaß!
Manfred Hummel Wimpasing, im Mai 2011